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Die Forschung belegt, dass jede vierte Frau im Laufe ihres Lebens Gewalt durch den eigenen Partner erlebt.

Lange Zeit wurde Häusliche Gewalt in der Öffentlichkeit als „Familienstreitigkeit“ und damit als Privatangelegenheit angesehen. Häusliche Gewalt ist aber eine Verletzung der verfassungsrechtlich garantierten Menschenrechte. Sie hat für die Betroffenen weitreichende physische, psychische, soziale und ökonomische Folgen.

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Themen

Zur Kampagne „Gewalt ist keine Meinung – Reiß die Vorurteile ein“

In Zusammenarbeit mit STRÖER und Dank der tatkräftigen, kostenfreien Unterstützung durch die Agentur 4fürTexas starten wir in diesem Sommer eine Plakataktion gegen häusliche Gewalt und Stalking in ganz Sachsen. Die Aktion zielt darauf ab, antifeministische, sexistische und rassistische Mythen zu entkräften, mit denen Fachkräfte im Gewaltschutz und Betroffene konfrontiert sind. Über QR-Codes auf den Plakaten können Interessierte vertiefende Informationen auf unserer Webseite erhalten.

Die Plakataktion konzentriert sich auf die Schwerpunktthemen Anti-Rassismus, Istanbul-Konvention und Kinderrechte. Wir möchten mit dieser Aktion ein Zeichen setzen und Betroffene stärken. Die Plakate sollen verdeutlichen, dass das Recht auf ein gewaltfreies Leben nicht für menschenfeindliche Diskurse instrumentalisiert werden darf.

Vom 30. Juli – 02. September hängen sachsenweit Plakate gegen menschenfeindliche Vorurteile im Gewaltschutz. Bekannte Shoppingcenter zeigen die Motive außerdem auf sogenannten Public Video Malls bereits ab dem 02. Juli in Bewegtbildern. 

In Folgenden Städten sind die Großflächen-Plakate zu sehen:

  • Annaberg-Buchholz
  • Auerbach/Vogtl.
  • Bautzen
  • Chemnitz
  • Crimmitschau
  • Döbeln
  • Dresden
  • Freiberg
  • Freital
  • Görlitz
  • Grimma
  • Großenhain
  • Leipzig
  • Limbach-Oberfrohna
  • Marienburg
  • Niesky
  • Pirna
  • Plauen
  • Torgau
  • Zwickau

Über die einzelnen Plakatmotive:

Istanbul-Konvention in Sachsen

Beginnend mit der Istanbul-Konvention, einem völkerrechtlichen Vertrag zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Deutschland hat diesen Vertrag 2017 ratifiziert, doch vieles ist drei Jahre nach Inkrafttreten noch nicht umgesetzt worden. Wir fordern daher, dass alle relevanten Berufsgruppen im Gewaltschutz verpflichtend an Fort- und Weiterbildungen teilnehmen müssen. Der Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Sachsen wurde kürzlich im Kabinett im Landtag beschlossen.

Es ist notwendig, dass die über 80 Artikel auch in der Praxis Anwendung finden, und von Häuslicher Gewalt betroffene Frauen und Kinder schützt. Näheres siehe auch Kinder als Betroffene.

Gleichstellungsministerin Katja Meier stellt den sächsischen Landesaktionsplan zum Gewaltschutz vorLink öffnet in einem neuen Tab

Häusliche Gewalt und Kinderschutz

Jedes Jahr treffen Familienrichter*innen in Deutschland rund 100.000 Entscheidungen, die das Leben von Eltern und Kindern für immer verändern können. Es geht um die Frage, wer nach einer Trennung für die Kinder sorgt, wer sie wie oft sehen darf, wer sich kümmert und wer für sie bezahlt. Dabei zeigt die Erfahrung der Fachkräfte aus dem Gewaltschutz: In Verfahren um Sorge- und Umgang spielt Häusliche Gewalt kaum/gar keine Rolle. Bei familiengerichtlichen Verfahren wird Umgang i.d.R. sogar höher bewertet als Gewaltschutz. Die Folge ist, dass die Kindesmutter durch das Umgangsrecht immer wieder mit dem Täter konfrontiert wird, obwohl teilweise ein Kontakt- und Näherungsverbot besteht. Die Mutter ist dann dazu angehalten, den Umgangskontakt zu organisieren und zu gewährleisten, obwohl Angst um ihre Sicherheit besteht. Täter nutzen Umgänge häufig, um Frauen und Kinder zu manipulieren und weiterhin Macht auszuüben oder sogar Gewalt fortzuführen.

Ein weiteres Schwerpunktthema ist die Situation von Kindern als Betroffene von häuslicher Gewalt. In familiengerichtlichen Verfahren spielt Häusliche Gewalt oft keine Rolle, was zu Unsicherheiten für Fachkräfte und Betroffene führt. Wir appellieren dringend an die Anwendung des Artikels 31 der Istanbul-Konvention, um das Wohl von Müttern und Kindern zu schützen.

Prof. Dr. Angelika Henschel, Professorin für Genderforschung, Jugendhilfe und Inklusion an der Leuphana Universität Lüneburg, zufolge stellt das Miterleben von häuslicher Gewalt einen starken Risikofaktor für späteres Gewalterleben in der eigenen Partnerschaft dar. 70% der Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen waren und deren Kinder Kontakt zum Vater hatten, wurden während der Besuche oder bei der Übergabe erneut misshandelt. 58 % der Kinder erlitten Gewalt während der Umgangszeit mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil. Empirische Untersuchungen zeigen, dass gerade in der Trennungsphase das Gewalt- und Tötungsrisiko für Frauen und Kinder um ein 5-faches höher ist.

Gewaltschutz kann demnach nur bei einem guten Zusammenspiel von Jugendamt, Familien- und Strafgerichten funktionieren. Gewalttätige Vorfälle müssen zwingend bei der Entscheidung des Besuchs- und Sorgerechts berücksichtigt werden. Was passiert, wenn dies nicht der Fall ist, zeigt ein Fall aus dem Jahr 2023 in Crimmitschau.

Statement von Wildwasser ZWICKAUer Land e.V. zum Fem(ni)izid von Nadera G. am 11.02.23 in Crimmitschau/ ZwickauLink öffnet in einem neuen Tab

Zum Schutz des Kindes muss der Umgang mit einem gewalttätigen Elternteil vorerst ausgeschlossen werden. Das Kindeswohl hat Vorrang vor dem Umgangsrecht, wie auch Art. 31 der Istanbul-Konvention „Gewaltschutz vor Umgangsrecht“ festhält – zur Erinnerung: Geltendes Recht in Deutschland seit 2018. Es gibt diverse Instrumente wie die Istanbul-Konvention und das Instrument des Begleiteten Umgangs, die genutzt werden müssen. Oftmals geschieht dies jedoch nicht, aufgrund unzureichenden Wissens über Gewaltformen, Gewaltdynamiken und rechtliche Grundlagen, aber auch aufgrund von frauenfeindlichen Einstellungen in Behörden – nicht zuletzt aufgrund des Vormarschs von Männerrechtlern, wie ein Correctiv-Recherchebericht zeigt.

Der Einfluss der Männerrechtler reicht nicht nur in die Politik, sondern auch in die Justiz. Einige der Verbände sind vernetzt mit Fachleuten und organisieren Schulungen für Familienrichter, Verfahrensbeistände oder betroffene Väter, und sie propagieren Thesen, die Männer in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren stärken und Frauen bei Vorwürfen von häuslicher Gewalt diskreditieren.

Beispielsweise wird die hochstrittige pseudowissenschaftliche Theorie Parental-Alienation-Syndrom (PAS) verbreitet, welche eine spezielle Form der Eltern-Kind-Entfremdung beschreibt. Konkret soll dabei ein Elternteil das Ansehen des anderen Elternteils in den Augen des Kindes zerstören. Dies führe unweigerlich zu einem schwerwiegenden Loyalitätskonflikt und einer psychischen Belastung für das Kind. Wir als LAG lehnen ebenfalls wie Bundesverfassungsgericht die Anwendung des Konzepts ab. 

Rassismus im Gewaltschutz

Die rassistische Vereinnahmung von geschlechtsspezifischer Gewalt führt nicht zu weniger Gewalttaten. Wir fordern einen bedarfsorientierten Gewaltschutz für alle von Gewalt betroffenen, ungeachtet ihrer Herkunft.

Kaum eine Stammtischparole hat sich wohl so erfolgreich durchgesetzt wie das Märchen davon, dass sich Frauen in Deutschland nicht mehr sicher fühlen könnten, weil „so viele ausländische Männer hierherkommen“. Nicht-weiße Männer werden in diesem Narrativ als per se frauenfeindlich, hypersexuell und rückständig dargestellt im Gegensatz zum „westlichen“ Mann mit seinen „modernen Werten“.

Die Wahrnehmung der deutschen Gesellschaft wird mittlerweile von der Behauptung bestimmt, Migration löse mehr (geschlechtsspezifische) Gewalttaten aus. Dabei vereinfacht diese Formel den tatsächlichen Sachverhalt unzulässig. Geschlechtsspezifische Gewalt ist ein strukturelles und gesamtgesellschaftliches Problem. Die rassistische Vereinnahmung und Aufladung des Themas wird daher nicht zu weniger geschlechtsspezifischer Gewalt führen. Geschlechtsspezifische Gewalt wird als vermeintlich importiertes Problem skandalisiert: aber auf was wir alle schauen müssen, ist die Kultur des Patriarchats und diese finden wir auch in Deutschland! Zu sagen, geschlechtsspezifische Gewalt sei “importiert” ist rassistisch und erkennt nicht, dass Gewalt gegen Frauen, Lesben, inter- ,nichtbinäre und agender Personen (Flinta) strukturell ist und damit auch eine Rolle in unserem System trägt.

Pressemitteilung zur Kampagne:

Im Sommer wird sachsenweit gegen häusliche Gewalt und Stalking plakatiert

Dresden, 26.06.2024 

Vom 30.07. bis 02.09. wird in Sachsen eine (Plakat-)Kampagne gegen Vorurteile im Gewaltschutz zu sehen sein. 

Die Landesarbeitsgemeinschaft Gewaltfreies Zuhause Sachsen e.V. (LAG GFZ) macht mit der Kampagne „Gewalt ist keine Meinung – Reiß die Vorurteile ein“ auf Herausforderungen im Hilfenetz aufmerksam.

Ende Juli 2024 greift die LAG Gewaltfreies Zuhause Sachsen e.V. mit drei verschiedenen Plakatmotiven Vorurteile aus der Praxis des Hilfesystems Häusliche Gewalt auf und entkräftet diese. Das Ziel ist es, Vorurteile abzubauen, um Diskriminierungen gegen Betroffene zu verhindern und Strukturen im Gewaltschutz zu stärken. Für ein gewaltfreies Leben für alle.

Die drei Schwerpunktthemen sind Kinderschutz, Rassismuskritik und die Stärkung der Rechte der Betroffenen. Eines der drei Plakate widmet sich beispielsweise der sogenannten Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt). Diese Konvention ist ein geltendes Recht in Deutschland und schützt Frauen vor Häuslicher Gewalt. Das kann das Gesetz aber nur, wenn es auch im Familiengericht Anwendung findet. Genau dafür setzt sich der Verein ein. 

Die Kampagne ist notwendig, da immer noch nicht alle Betroffene effektiv vor Häuslicher Gewalt geschützt sind. Im Vergleich zum Jahr 2021 gab es in Sachsen im Jahr 2022 einen Anstieg um 10%  der Gewaltstraftaten im Bereich Häusliche Gewalt. Rund 20% aller in der polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Opfer sind Betroffene von Häuslicher Gewalt. Das geht dem Lagebild Häusliche Gewalt Sachsen hervor. Die Dunkelziffer ist weit höher, wie die aktuelle Dunkelfeldstudie zur Viktimisierung von Frauen durch häusliche Gewalt, Stalking und sexualisierte Gewalt in Sachsen bestätigt (vgl. Kruber et al. 2023).

Die Anforderungen der Istanbul-Konvention werden bundesweit und damit auch in Sachsen regelmäßig ausgehebelt – gerade in Sorge- und Umgangsverfahren vor dem Familiengericht. Es ist essentiell, rassistischen  und frauenfeindlichen Instrumentalisierungen von Gewaltschutzthemen keinen Raum zu geben, so die Vorständin Stefanie Thieroff der LAG GFZ.

Auch in Sachsen gibt es Lücken im Gewaltschutz 

Trotz Bestehen der Istanbul-Konvention attestiert ein vom Europarat beauftragtes Expert*innengremium (GREVIO) Deutschland zahlreiche erhebliche Lücken beim Schutz von Betroffenen von Häuslicher Gewalt. Diese kommen beispielsweise in familiengerichtlichen Verfahren um Sorge- und Umgangsrecht zu tragen. 

Die Gewalt gegenüber der Mutter wird in Familiengerichten noch zu selten auch als Kindeswohlgefährdung eingeordnet, dabei sind Kinder immer Mitbetroffene, wenn sie zuhause indirekt oder direkt Häusliche Gewalt erfahren”, sagt die Vorstandsfrau Stefanie Thieroff. 

Gerade Umgangssituationen, in denen das gewaltbetroffene Elternteil bei der Kindesübergabe auf den gewaltausübenden Elternteil trifft, sind noch immer besonders gefährliche Situationen. Sie können mit Gewalt bis hin zur Tötung enden, wie ein Fall aus dem Jahr 2023 in Crimmitschau in Sachsen zeigt. Das Expert*innengremium führt weiter an, dass betroffene Personen häufig nicht nur von geschlechtsspezifischer Gewalt durch ihre (Ex-)Partner*innen betroffen sind, sondern auch von rassistischen Strukturen. 

Gewaltschutz für alle, heißt auch: Betroffenengruppen nicht gegeneinander ausspielen

Gesellschaftspolitisch nehmen menschenfeindliche Tendenzen zu. Gewaltschutz wird gezielt zum Politikum gemacht und  instrumentalisiert, um rassistische und frauenfeindliche Ideen unter dem Deckmantel des Gewaltschutzes zu verbreiten. Sie verhindern und delegitimieren einen effektiven Gewaltschutz für alle. Die drei Plakate sind eine Antwort darauf und zeigen: Alle Menschen haben ein Recht auf ein gewaltfreies Leben, Betroffenengruppen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Einladung zur Fachveranstaltung:

Kinder als Betroffene von Häuslicher Gewalt – Kinderschutzverfahren kooperativ gestalten

Der Fachtag setzt die Sensibilisierung für die Situation von Kindern und Jugendlichen im Kontext von Häuslicher Gewalt in den Fokus und stellt gelingende Kinderschutzverfahren in den Mittelpunkt. Gegliedert ist der Fachtag in einem Dreiklang aus fachlichem Input, einer Podiumsdiskussion und anschließenden Workshops. Wir betrachten wissenschaftlich fundiert die Auswirkungen des Erlebens Häuslicher Gewalt auf das Kindeswohl und diskutieren im Rahmen mit Vertreter_innen des sächsischen Hilfesystems, wie Kinderschutz gelingen kann. Anschließend erarbeiten wir in Workshops praktische Präventions- und Interventionsansätze, um Kinder und Jugendliche wirksam zu schützen und zu unterstützen.

Ort: Dresden
Zeit: 28.11.24, 10:00 -16:30 Uhr

Eine Kooperationsveranstaltung des Kinderschutzbundes Landesverband Sachsen e.V. und der Fachstelle Häusliche Gewalt der Landesarbeitsgemeinschaft Gewaltfreies Zuhause Sachsen e.V.

Den Link zur Anmeldung, zum Programm und zu den Workshop-Beschreibungen finden Sie hier.Link öffnet in einem neuen Tab

Ihre Spende hilft, den Gewaltschutz in Sachsen voranzubringen und unsere Zukunftsprojekte zu verwirklichen! Wir freuen uns über jede Unterstützung bei unserer Arbeit gegen häusliche Gewalt in Sachsen. 

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