Wenig Plätze, viel Nachfrage
Die Pandemie verschärft Platzmangel in Leipziger Frauenhäusern
Die Gefahr häuslicher Gewalt steigt in Lockdown-Zeiten, aber Schutz zu finden, ist umso schwieriger. Denn den Frauenhäusern fehlten schon vorher Kapazitäten. Über ein System, das überlastet ist.
Drei Tage lang telefonierte Frau Schröder herum, bevor sie die Zusage für einen Platz im Frauenhaus für sich und ihre sechs Kinder bekam. Er war zwar weit weg, aber das habe sie gerne in Kauf genommen, erzählt sie, die ihren Vornamen nicht nennen möchte. Schon mit 15 habe sie gewusst, was ein Frauenhaus ist – sie habe aber vorher nie darüber nachgedacht, mal in eins ziehen zu müssen. Vorher, das ist, bevor Frau Schröder Hilfe brauchte. »Wenn du ins Frauenhaus gehst, dann bist du ganz unten«, sagt Schröder am Telefon. Ihr Leben, wie sie es kannte, habe nicht mehr funktioniert. Mehr möchte sie dazu nicht sagen.
Über 80 Prozent der Betroffenen von Partnerschaftsgewalt sind Frauen. Im Schnitt brauchen sie sieben Versuche, um sich aus einer gewalttätigen Beziehung endgültig zu lösen. Oft ist der nächste Schritt für die Schutzsuchenden der in ein Frauenhaus. Darunter versteht man eine soziale Einrichtung, die Frauen und ihren Kindern im Falle von häuslicher Gewalt Hilfe, Beratung und eine geschützte Unterkunft anbietet. Doch die Plätze sind begrenzt. Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, kurz Istanbul-Konvention, empfiehlt einen Platz pro 7.500 Einwohnerinnen und Einwohner. Doch eine Daten-Recherche des Netzwerks Correctiv.Lokal hat ergeben, dass bundesweit mehr als 14.000 Plätze fehlen. In Sachsen werden nicht mal halb so viele Plätze bereitgestellt wie empfohlen. Die Konsequenz: Im vergangenen Jahr mussten die Einrichtungen in Leipzig laut BuzzFeed News 240 Frauen abweisen.