Häusliche Gewalt ist keine Privatsache
Jedes Jahr findet am 25. November der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen statt – ein Aktionstag, der dazu beitragen soll, über Häusliche Gewalt aufzuklären und dafür zu sensibilisieren.
Im letzten Jahr sind die Zahlen nochmals gestiegen. Jede Stunde werden in Deutschland aktuell 14 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt. Die Dunkelziffer ist laut Expert:innen aber deutlich höher – viele Übergriffe werden nie angezeigt, aus Scham, aus Angst oder aufgrund von finanzieller Abhängigkeit.
„Ich befand mich im goldenen Käfig, nach außen hin schien alles perfekt.“
Mathilda aus Sachsen hat jahrelang in einer ungesunden gewaltvollen Beziehung gelebt und nach außen hin das perfekte Familienleben vorgespielt. Nach ihrem Trennungsversuch beginnt ihr Partner neben psychischer Gewalt auch körperliche Übergriffe auf sie – er schlägt sie, sie überschminkt die blauen Flecken und versteckt ihre Gewalterfahrung vor dem gesamten Umfeld. Aus Angst, dass ihr niemand glaubt, dokumentiert sie Verletzungen und schneidet die Morddrohungen und Einschüchterungen mit dem Handy mit. Ihre ganze Geschichte lest ihr hier.
„Es ist nicht typisch männlich, laut zu werden oder Dinge durch die Gegend zu werfen.“
Die Sorge, dass ihnen nicht geglaubt wird, haben Betroffene immer wieder. Laut Lisa Rechenberg von der Fachstelle LAG gewaltfreies Zuhause Sachsen e.V. findet sowohl in der Gesellschaft als auch in Insitutionen wie dem Gericht immer wieder eine Täter-Opfer-Umkehr statt. Warum Opfer nie Schuld sind und Gewalt oft viel früher beginnt, als Betroffene und Angehörige glauben, verrät sie im Gespräch mit Karen Scholz.
Lisa Rechenberg über die Täter-Opfer-Umkehr
„Viele kleine Hinweise summieren sich zum Ganzen und irgendwann gehen Betroffene dann.“
Dass Gewalt ganz viele Facetten hat und nicht immer primär körperlich passieren muss, weiß auch Kerstin Kupfer. Sie ist Vorständin der Fachstelle LAG gewaltfreies Zuhause Sachsen e.V. und arbeitet seit über 30 Jahren als Sozialpädagogin in Frauenhäusern und Beratungsstellen.
Kerstin Kupfer hat die Erfahrung gemacht, dass sich zwar nicht jede Frau Hilfe von Außen holt, dass aber allein das Wissen, dass es Hilfe gibt und Betroffene nie allein sind, häufig schon lebensrettend sein kann.
Im Gespräch mit Karen Scholz erklärt sie, warum es so wichtig ist, als Angehörige, Freundin oder Nachbarin genau hinzusehen und warum Häusliche Gewalt keine Privatsache ist.
Kerstin Kupfer gibt Tipps für Angehörige von Gewaltbetroffenen
„Wie schütze ich mich? Wie komme ich da raus?“
Alice Westphal hat sich auch Hilfe gesucht – 5 Jahre lang war sie in einer Beziehung, in der häusliche Gewalt an der Tagesordnung stand. Sie sagt: „Ich habe Gewalt lange als Liebesbeweis wahrgenommen, er hat mir ein Gefühl von Sicherheit gegeben.“ Alice erinnert sich auch, dass der Mann auch „sehr charmant gewesen ist und beide als Paar viel Spaß hatten“. Während der gewaltvollen Beziehung hatte Alice nur zwei Fragen im Kopf: Wie schütze ich mich und wie komme ich da raus? Alices Geschichte hört ihr bei FEM Faces.
Eine Frau, die helfend zur Seite steht, wenn Frauen wie Alice oder Mathilda sich aus der Gewaltspirale herauskämpfen, ist Stefanie Höke aus Verl bei Bielefeld. Als Opferanwältin merkt sie in ihrer alltäglichen Arbeit, dass Frauen immer mutiger werden, sich tatsächlich Hilfe zu holen und ermutigt auch selbst immer wieder dazu. Wendet euch im Ernstfall an einen Rechtsbeistand oder an den weißen Ring – auch in finanziell Schwierigen Situationen bekommt ihr hier Hilfe. Alle Infos hört ihr im FEM Talk mit Stefanie Höke.