Der Begriff „Femizid“ geht zurück auf die feministische Soziologin Diane Russel, die im Jahr 1976 „Femicide“ nutzte, um im Gegensatz zum gender-neutralen “homocide” (Tötung) die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts zu beschreiben. In Lateinamerika prägte die mexikanische Anthropologin Marcela Lagarde den Begriff „Feminicidio“, zu Deutsch „Feminizid“, um über die dortige Situation der Frauenmorde zu sprechen und die staatliche Mitschuld daran hervorzuheben.
Der Begriff Feminizid bezeichnet also die Tötung von Frauen, inter*, nicht-binären, trans* und/oder a-gender Personen als Folge von geschlechtsbasierter struktureller Diskriminierung.
Die Datenlage und die Maßnahmen zur Prävention von Feminiziden und geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen, inter*, nicht-binären, trans* und/oder a-gender sind rar. Und das, obwohl in Deutschland die Istanbul-Konvention bereits im Jahr 2018 in Kraft trat. Dass geschlechtsspezifische Gewalt und speziell Feminizide in ihren verschiedenen Formen hierzulande mehr und mehr von Medien und Politik benannt werden, liegt an dem andauernden Druck vieler Feministinnen und Wissenschaftler*innen weltweit.
Generell kann geschlechtsspezifische Gewalt alle Frauen, Mädchen, inter*, nicht-binären, trans* und/oder a-gender betreffen. Sind sie jedoch mehreren Diskriminierungsformen ausgesetzt, steigt das Risiko, der Gewalt nicht entfliehen zu können und/oder dabei anderen Formen von Unterdrückung ausgesetzt zu sein. Weitere Faktoren sind zum Beispiel die soziale oder nationale Herkunft, die Rassifizierung, die sexuelle Orientierung, die Gender-Identität, das Alter oder eine Behinderung.
Die meisten Feminizide geschehen innerhalb des nahen sozialen Umfelds der Frauen: Es sind Familienangehörige, Bekannte und in rund 40 Prozent sogar die eigenen (Ex-)Partner, die sie ermorden (Dyroff/Pardeller/Wischnewski/Rosa Luxemburg Stiftung (Hrsg.) 2020, S. 21).
Laut Weltgesundheitsorganisation ist geschlechtsspezifische Gewalt weltweit eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen (WHO 2003).
Oft greifen unterschiedliche Gewaltformen ineinander: psychische, physische, sexualisierte und ökonomische Gewalt. In ihrem eigenen Zuhause sind sie der Gewalt zumeist schutzlos ausgeliefert (vgl. Monckton-Smith 2019, S.13).
Dieser Gewalt liegt ein Streben nach Kontrolle über Frauen und ihre Körper zugrunde, das charakteristisch für die patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft ist. Dahinter steckt der Versuch, die vorherrschende Gesellschaftsform und kapitalistische Produktionsweise durch die Unterdrückung der Frauen, inter*, nicht-binären, trans* und/oder a-gender aufrechtzuerhalten, indem u. a. an der Arbeitsteilung der Lohn- und Reproduktionsarbeit nach Geschlechtern festgehalten wird. Die Konsequenz ist eine ungleiche Verteilung von Ressourcen, Macht und Teilhabe zugunsten von Männern, die sich auch im mangelnden Schutz der Frau vor geschlechtsspezifischer Gewalt äußert.